Reisen zu einem bestimmten Ziel – Forschungsreisende
1. Maria Sibylla Merian 1647 – 1717
Porträt: Julia Sand 2021 – Acryl auf Papier
Insektenforscherin, begnadete Zeichnerin, Entdeckerin der zu ihrer Zeit noch unbekannten Verwandlung von Raupen in Schmetterlinge, reist mit ihren Töchtern Johanna und Dorothea nach Suriname, entdeckt dort unzählige Tiere und Pflanzen, kreiert einen neuen Forschertypus: nur sich selbst verpflichtet und nicht im Auftrag einer Universität oder Institution forschend
Als Maria Sibylla Merian am 2. April 1647 in Frankfurt geboren wird (also 311 Jahre vor mir!), tobt der 30jährige Krieg noch ein weiteres Jahr, ein Religionskrieg, der in erster Linie in der Mitte Europas ausgetragen wird und die Menschen in Hunger, Pest und 30 Schlachten stürzt. Fast 70 Prozent der Menschen aus den darin verwickelten Ländern lassen ihr Leben. Die Hexenverfolgung ist auf ihrem Höhepunkt angelangt, schlimmer als im Mittelalter. Als endlich Frieden geschlossen wird (westfälischer Friede) ist Sibylla ein Jahr alt. Der Krieg ist zuende und etwas Neues entsteht: das, was wir heute Barockzeit nennen.
Sibyllas Vater (Matthäus Merian) ist, wie ihr Großvater, Verleger. Er hat die Lutherbibel illustriert (die sogenannte Merian-Bibel), die mehrbändige Naturgeschichte der Tiere von Jan Jonston gestochen und herausgegeben, des weiteren hat er Städtemonographien und Bildbände verlegt, von fernen Ländern, ihren Bewohnern, ihrer Kleidung, ihres Brauchtums.
Sibyllas Vater stirbt, als sie drei Jahre alt ist. Die Bildbände beiben und begleiten Maria ein Leben lang. Den Verlag übernehmen ihre älteren Brüder. Die Mutter heiratet wieder. Der Stiefvater, Jacob Marrel, ist Maler, Kunsthändler und Kupferstecher. Er malt Stillleben mit Früchten und Blumen, Insekten dienen darauf lediglich als belebende Verzierung. Er malt Tulpenbilder für Tulpenzwiebelverkäufer. Hunderte.
Maria Sibylla möchte Malerin werden. Als ihr die Mutter das Malen verbietet, richtet sie sich auf dem Dachboden heimlich ein Atelier ein. Ihre Tulpenmodelle stiehlt sie aus Nachbars Garten. Als das auffliegt, erkennt ihr Stiefvater ihre Begabung und nimmt sie als Lehrling in seine Werkstatt auf. Da ist sie 10 Jahre alt. Sie lernt Zeichnen, Aquarellieren, Zubereiten von Farben (ganz wichtig!) und Kupferstechen, eine körperlich sehr anstrengende Tätigkeit.
Als sie dreizehn Jahre alt ist, bekommt sie ein paar Seidenraupen geschenkt und beobachtet ihre Häutungen, ihr Fädenspinnen, ihre Verpuppung und das Schlüpfen der Falter, die Fortpflanzung und alles nochmal von Vorne. Sie malt, was sie da sieht. Jedes Stadium der Verwandlung und die auch Pflanze, auf die die Seidenraupen ausschließlich ihre Eier legen, den Maulbeerbaum. Sie beginnt Raupen aller Art zu sammeln, legt Raupenschächtelchen an, sucht die passenden Futterpflanzen, zeichnet und beschreibt jede Phase der Verwandlung. Die Nachbarn und Freunde der Familie wissen von ihrer Leidenschaft und bringen ihr unaufgefordert Raupenfunde an die Haustür. Sie unterscheidet „Sommervögelein“ (Schmetterlinge) von „Mottenvögelein (den nachtaktiven Motten). Die Puppe nennt sie „Dattelkern“. Die Faszination für Falter ist, so kurz nach dem Krieg, nicht ganz ungefährlich, denn der Volksglaube sagt, dass Hexen sich in Falter verwandeln und den Milchrahm vergiften können (Schmetten=Rahm, Butterfliege=Butterflie).
Ihr Stiefvater nimmt sie mit auf eine Reise nach Utrecht. Da ist sie 17 Jahre alt. Dort lernt sie einen ehemaligen Lehrling von ihm kennen, den 10 Jahre älteren Andreas Graff, den sie kurz darauf heiratet (1665). Ihre Motive sind unklar. Liebe oder Pragmatismus? Immerhin kann er ihre Leidenschaft fürs Malen und Stechen nachvollziehen und akzeptieren. Die romantische Liebe war noch nicht erfunden – das Zeitalter der Romantik liegt mit noch etwa 100 Jahren in ferner Zukunft.
Drei Jahre nach der Hochzeit bekommt Sibylla ihre erste Tochter, Johanna Helena. Die Kleinfamilie zieht nach Nürnberg, eine weltoffene, protestantische Stadt, eine Verlagsstadt, wie Frankfurt. Sibylla Merian setzt ihre Raupenforschung fort. Mehr noch: sie trägt auf Bitte ihres Mannes zum Einkommen bei. Zu all ihrer Hausarbeit und Mutterarbeit und der eigenen Raupenforschung, bemalt sie Textilien mit einer selbst-rezeptierten Farbe, die jeder Wäsche standhält (das Farbrezept bleibt ihr Geheimnis). Sie bringt außerdem unverheirateten Bürgerstöchtern das Aquarellieren bei (zu dieser Zeit ist es Frauen untersagt in Öl zu malen). Sie nennt ihre freie Aquarellklasse „Jungfern-Companie“, besorgt Farben und Malutensilien und baut einen kleinen Künstlerbedarfshandel auf – geschäftstüchtig ist sie ohne Frage.
1675 gibt sie ihr erstes Buch heraus „Neues Blumenbuch“, ein Band mit Vorlagen zum Malen und Sticken – ihr Mann verlegt es. 1678 wird ihre zweite Tocher Dorothea Maria (später Henriette genannt) geboren. Sibylla ist jetzt 31 Jahre alt. Zwischen den beiden Töchtern liegen 10 Jahre.
Sibylla Merian bleibt in ihrer Nürnberger Zeit nicht ohne Anerkennung. Ein gewisser Joachim von Sandrat, Deutschlands Kunsthistoriker-Pionier widmet ihr in seinem Werk Teutsche Academie der Edlen Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste, dem ersten Klassiker der deutschen Kunstgeschichte, 39 Zeilen voller Hochachtung und Respekt vor ihrem Können. Und das noch bevor ihr erstes Raupenbuch erschienen ist. Ihr Ehemann Andreas Graff bekommt nur 9 Zeilen.
In den Nürnberger Jahren gibt sie weitere Bücher heraus: zwei Bände von „Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung“ heraus – der dritte wird post mortem von ihren Töchtern herausgegeben werden. Der Titel des ersten Buches erfreut sich einer gewissen Ausführlichkeit:
Der Raupen wunderbare Verwandelung und sonderbare Blumennahrung, worinnen, durch eine ganz neue Erfindung der Raupen, Würmer, Sommervögelein, Motten, Fliegen und anderer dergleichen Thierlein Ursprung, Speisen und Veränderungen, samt ihrer Zeit, Ort und Eigenschaften.
Den Naturkundigen, Kunstmalern und Gartenliebhabern zu Dienst, fleißig untersucht, kürzlich beschrieben, nach dem Leben abgemalt, ins Kupfer gestochen und selbst verlegt von Maria Sibylla Gräffinn / Matthæi Merians des älteren seelige Tochter.
Auf den Vorsatzblättern zu diesem Buch befindet sich ein Lobgedicht, eine sechsstrophige Hymne, von dem angesehenen Universalgelehrten Christoph Arnold, Professor für Poesie und Eloquenz, in dem er deutlich zum Ausdruck bringt, dass Frauen als Wissenschaftlerinnen immens unterschätzt werden.
Zum ersten Malwerden in einem Buch alle Stadien der Verwandlung eines Falter inklusive seiner Futterpflanze gezeigt. Die Kapitel sind nach den Pflanzennamen geordnet, weil die Falter selbst teilweise noch garkeine Namen haben. Zum ersten Mal werden die Fraßspuren der Raupen abgebildet.
Zu jeder Abbildung gibt es eine ausführliche Beschreibung der Falterbiographie. Alles in deutscher Sprache, sodass es jede lesen kann (Frauen ist das Studieren zu dieser Zeit noch nicht erlaubt). Das führt zunächst zu wissenschaftlicher Nicht-Anerkennung, weil wissenschaftliche Bücher in Latein geschrieben werden sollen. Auch wenn Sibylla mehrere Sprachen spricht (ihr Stiefvater ist Franzose) – Latein ist nicht dabei. Die Bücher werden mit einem von ihr besonders entwickelten Umdruck-Verfahren (auch Abklatsch genannt) hergestellt: der feuchte erste Druck wird sofort nochmal auf ein feineres Papier gedrückt, wodurch die Abbildung an Feinheit gewinnt und vor allem nicht mehr spiegelverkehrt auf dem Blatt ist. Für Käufer, die eine Kolorierung wollen, verlangt sie 30 Gulden mehr, denn das Buch muß Seite für Seite von Hand bearbeitet werden. Dabei helfen ihr die Frauen aus der Junfern-Companie und ihre ältere Tochter. Später auch die kleine. Papier ist sehr teuer. Es wird aus Altkleidern hergestellt.
Sie wacht Tag und Nacht vor ihren Terrarien, säubert unaufhörlich die Käfige vom Kot der Raupen, die, bis sie sich verpuppen, unaufhörlich fressen. Ihre Beobachtungen dauern oft Monate, manchmal Jahre. Die Raupen gehen immer mal wieder ein, dann muß sie von vorne beginnen. Sie ist damit die erste Wissenschaftlerin der (überlieferten) Welt, die Langzeitforschung betreibt! Von den Astrologen mal abgesehen. Sie ist die erste, die sogar die Flugmuster der Insekten beobachtet. Sie ist die erste Wissenschaftlerin, die Tiere in ihrem Lebensumfeld, in ihren Lebensgemeinschaften, darstellt. Sie ist die erste Wissenschaftlerin, die das in Wort und Bild tut! Sie tut vieles zum ersten Mal…
Als Merians Stiefvater stirbt zieht Sibylla mit ihren Töchtern, die jetzt vier und vierzehn Jahre alt sind, zu ihrer Mutter nach Frankfurt zurück. Einer ihrer Halbbrüder (Caspar) überzeugt die Mutter von seiner neuen Glaubensrichtung – er ist Mitglied einer pietistischen Sekte geworden, den Labadisten. Sie leben auf Schloss Waltha in Friesland (Wienwerd), entsagen allem Weltlichen, tragen identische Kleidung, schließen ihre Türen nicht, arbeiten einer für alle und gehen auf im Geist der Gemeinschaft.
Sibylla schließt sich mit ihren Töchtern der Labadistenbewegung an. Mit Mutter und Töchtern übersiedelt sie auf das Labadistenschloss in Friesland. Als ihr Mann nachgereist kommt und ebenfalls Mitglied der Sekte werden will, weil er seine Familie nicht verlieren möchte, gelingt ihm das nicht. Was wirklich vorfällt ist nicht ganz klar – es führt jedenfalls zur Scheidung. Als die Mutter stirbt, verlassen Sybilla und ihre Töchter die Sekte. Vielleicht ist sie erleichtert, denn künstlerische Arbeit ist bei den Labadisten verboten, sie gilt als eitles Vergnügen.
Sie leben zunächst in Amsterdam. Amsterdam ist damals die reichste Stadt des Kontinents und die weltoffenste – hier darf wirklich jede glauben, was sie will. Sie ist mit 220 000 Einwohnern, nach London – Paris – Neapel, die viertgrößte Stadt Europas.
Seit etwa 20 Jahren kolonisieren die Niederlande das Land Suriname auf dem südamerikanischen Kontinent. Die Schiffe bringen seltene Tiere aus der Kolonie in die Stadt. Sibylla Merian beginnt vom Dschungel und seinen abermillionen Insekten zu träumen. Da will sie hin! Sibylla beginnt erneut einen Handel mit Malutensilien und diesmal auch mit Insekten. Sie verkauft Bilder und Tierchen, um sich eine Reise nach Surinam zu ermöglichen. Als sie immer wieder jeder und jedem ihr Vorhaben darlegt, spendiert die Stadt Amsterdam endlich die noch fehlende Summe. 1699, also 42jährig sticht sie mit ihrer jüngeren Tochter Dorothea Maria, genannt Henriette, (22) in See. Die Reiseroute geht durch den Seekanal vorbei an Texel, einziger Zwischenstop auf den Kanarische Inseln, dann direkt weiter nach Suriname. Die Fahrt dauert sechs bis acht Wochen.
Sibylla und Henriette reisen ohne männliche Begleitung – 100 Jahre, bevor Alexander von Humbold seine Reise zum Amazonas antritt. (Humboldt soll einmal gesagt haben, dass ihm Sibylla Merian ein Vorbild gewesen sei). Sibylla verfasst vor der Abreise wohlweislich ihr Testament. Sie kalkuliert also jedes erdenkliche Unglück mit ein.
Suriname ist das kleinste Land Lateinamerikas. Es ist seit 3000 Jahren von den Arawak besiedelt und wurde 1498 von Columbus erobert, war von 1667 bis 1954 niederländische Kolonie und ist seit 1975 unabhängig.
Mutter und Tochter segeln zur Mündung des Surinam-River und dann ein Stück den Fluß hinauf bis nach Paramaribo (eine Stadt, die die Niederländer 1667 mit den Briten gegen New Amsterdam getauscht haben, dem späteren New York). Hier leben nur noch ganz wenige englische Familien, 600 protestantische Holländer und 10 000 Sklaven, die die Zuckerrohrfelder unfreiwillig bearbeiten müssen.
Die Hoch-Zeiten der Sklaverei stehen noch bevor. Die Niederlande werden das letzte europäische Land sein, das die Sklaverei abschafft, nämlich erst 1863, die meisten europäischen Länder 1848, im Zuge der bürgerlichen Revolution (Ausnahme Portugal 1761).
Zurück zu Sibylla Merian und ihrer Tochter:
Zunächst leben die beiden in einem Kolonialhaus und sammeln Raupen im Garten. Sie werden verlacht. Niemand versteht, wieso sie sich für dieses Gewürm interessieren, warum sie nicht in Zuckerrohr machen. Forschungsinteresse ohne Auftraggeber und ohne Profitinteresse ist gänzlich neu und unverständlich. Sibylla ist unzufrieden. Sie möchte in den Dschungel, in die Wildnis. Schließlich findet sie ein einheimisches Ehepaar, das bereit ist, sie in einem Kanu 80 Meilen flußaufwärts nach Providentia (Vorsehung) zu bringen, ein Ort bzw. eine Plantage, die von Labadisten gegründet wurde. Als sie ankommen müssen sie erfahren, dass der Gouverneur des Ortes (also der friesische Graf, auf dessen Schloß in Friesland die Labadisten wohnten) ermordet wurde. Seine Schwester nimmt die kleine Reisegruppe auf.
Suriname führt in Sibylla zu einer ganz eigenen Metamorphose. Sie ist mit dem überheblichen und grausamen Verhalten ihrer Gastgeber_innen gegenüber Menschen konfrontiert, die sie zu besitzen behaupten, den Sklaven, und fällt vom christlichen Glauben ab.
Sibyllas Vorgehen im Dschungel ist keineswegs zimperlich: sie läßt Bäume fällen, um an Raupen, Eier und Larven ranzukommen. Sie schont sich auch selber nicht, wird von tausenden Mücken zerstochen, berührt mit bloßen Händen Raupen mit giftigen Härchen, sodaß sich ihre Hände entzünden. Sprachbegabt, wie sie ist, lernt sie das Creol Surinames (Sranan-Tongo) von ihren Begleiter_innen, die für sie die Bäume fällen und das Gepäck tragen. Sie lernt Dank ihrer indigenen Begleiter_innen die Heilkräuter des Dschungels kennen und anwenden. Doch es hilft alles nichts: nach zwei Jahren wird sie so krank, dass sie ihre Reise abbrechen und nach Amsterdam zurückkehren muss. Möglicherweise hat sie sich Malaria zugezogen. Die Rückreise gestaltet sich katastrophal. Das Schiff läuft auf Grund und alle müssen evakuiert werden. Sibylla Merian, im Fieberwahn, verliert kurzzeitig den Überblick über ihr Gepäck. Vieles kommt durcheinander oder geht verloren. Da sie ein Teil der Tafeln erst in Amsterdam fertigstellen wird, kommt es zu Verwechslungen. Einige Falter im Surinamebuch passen nicht zur abgebildeten Raupe. Das wird immer wieder angeführt, um ihre gesamte Forschung in Frage zu stellen.
Im Surinamebuch wird zum ersten Mal eine Goliath-Vogelspinne abgebildet, die größte aller Vogelspinnen, die einen kleinen Vogel, einen Kolibri, frißt. Das will ihr zunächst keiner glauben. Ist aber so. Angeblich heißt diese Spinne deshalb Vogelspinne.
In Amsterdam wird sie ihr letztes Buch herstellen und herausgeben „Metamorphosis Insektorum Surinamesium“. Im Vorwort schreibt sie zum ersten Mal keinen vor Gottesfurcht triefenden Text, sondern über sich selbst und ihren Werdegang als Künstlerin und Insektenforscherin. Das Buch kostet 15 Gulden bei einfachem Druck, koloriert 45 und mit Abklatsch koloriert 75 Gulden. Sibylla Merian druckt nach Subskription, das was wir heute Print-on-Demand nennen. Sie verkauft die Bücher bevor sie sie drucken läßt. Einige Tafeln sticht sie selbst, andere läßt sie von berühmten Stechern herstellen. Die verändern manchmal ihre Komposition, schneiden Blätter ab (siehe Ananas) oder setzen schon mal einen Falter auf die andere Seite. Schade, denn die Kompositionen der Sibylla Merian sind von besonderer Schönheit.
Johanna Helena, die ältere Tochter lebt seit 1711 in Suriname. Sie schickt der Mutter eigenhändig eingelegte Tierfunde: Hai mit vier Jungen, Leguane, fliegende Fische. Sibylla Merian verkauft die Exponate nachdem sie sie gezeichnet hat an Sammler. Die Sammelleidenschaft für Kuriositäten ist zu dieser Zeit sehr ausgeprägt. Eine Kuriositätenkabinett zu bestaunen war Programmpunkt jeder Einladung bei reichen Kaufleuten. Auch der Adel ließ sich nicht lumpen:
1717 kauft Zar Peter der Große eines ihrer Studienbücher und eine Reihe von einzelnen Bildern. Das erklärt, warum bis heute immer wieder Merianbilder in Russland auftauchen. Im gleichen Jahr stirbt Sibylla Merian.
Ein Jahre später 1718 werden ihre drei Raupenbücher ins Lateinische übersetzt. Ihrer Anerkennung als Wissenschaftlerin steht jetzt nichts mehr im Wege.
Das Suriname-Buch wird von ihren Töchtern 1719 erneut verlegt und mit zusätzlichen Tafeln versehen. Die Töchter ergänzen die Vorlagen der Mutter mit neuen Tieren (in Surinam gibt es: Jaguar, Faultier, Kaiman, Tapir, Gürteltier, Brüllaffe, Meeresschildkröte, Papageien und mehr). Henriette, die jüngere Tochter lebt in Sankt Petersburg. Auch sie verkauft einige Bände und einzelne Blätter in Russland.
Die Insekten im Surinamebuch sind lebensgroß, die Pflanzen und anderen Tiere kompositorisch und drucktechnisch angepasst. Wie immer sind auch in diesem Buch die Tafeln nach den Futterpflanzen der Raupen alphabetisch geordnet. Die Tafeln 11, 14 und 25 hat sie eigenhändig gestochen und geätzt. Im Suriname-Buch gibt es eine weitere Außergewöhnlichkeit: die erste Darstellung auf der Welt von einer Amphibienmetamorphose: die Pipa-Pipa-Kröte!
Das Bild wurde sehr gefeiert und gesammelt (Tafel 59).
Sibylla Merian hat unendlich viel geschrieben. Immer wieder tauchen Briefe von ihr auf oder Seiten aus ihren Studienbüchern. In diese Bücher schrieb sie jeden Tag akribisch ihre Beobachtungen, gemischt mit Angaben zu Wetter Lebensumständen und persönlichen Einschätzungen, eine Art Tagebuch. Da gibt es noch einiges herauszufinden – 304 Jahre nach ihrem Tod…