„Ist ja schön, wie du mir das erzählst – aber eigentlich lese ich keine Bücher mehr“
So oder ähnlich bekommt man es öfter zu hören – selber Schuld, wenn der Bekanntenkreis zwar aus mitunter kultiviert kreativen Menschen besteht – die dann sehr verstrickt in diesem Westentascheninfotainments eines 6“ Bildschirms aufblühen: … was heisst rororo ?
Ach ja: Anno 1946, Rowohlt Rotations Romane für 50 Reichspfennig im Zeitungsformat, ab 1948 dann für eine glatte D Mark als Oktav Taschenbücher zu haben.
Die Bestseller im Format eines Vokabelheftes, inspiriert war der Verlagserbe von den Amis.
Die Auflagen waren gross, wir Deutschen bekamen die Klassiker zu lesen, der alte Rowohlt grämte sich wegen der billigen Aufmachung – dabei war er zu Kafkas Zeiten noch Avantgarde der Buchmacher gewesen, doch das war schon wieder dreissig Jahre zuvor.
Und das alte Paul Auster Buch staubte seit 1995 rororo im Regal herum. Und jetzt ist er gestorben mit
77 Jahren und damit schon ein Anlass seine „Erfindung der Einsamkeit“ von damals zu lesen. Und gleich einen Krimi seiner New York Trilogie noch dazu, und ja: damit war das Interesse geweckt, seinen letzten Roman zu besorgen, um sich ein Bild zu machen. Mitgenommen zu werden in seinen Assoziationen, seinen mäandernden Gedanken, seinen Reflektionen, was DAS alles sollte, und wie ER dazu kam, es aufzuschreiben. Die 202 Seiten waren in drei Tagen durchgelesen, und es erstaunte schon sehr, wie die 40 Jahre zuvor geschriebenen Zeilen dieses Autors doch stilistisch den jetzigen ähneln, die Themen sowieso, N.Y., die Familie, seine Herkunft, der Sport, seine Beziehungen. Siri Hustvedt, mit der er 40 Jahre zusammen lebte, beklagt dieses postmoderne Etikett, dass ihm da umgehängt wird, posthum – und selbst kann man klagen, dass der in den alten und letzten Büchern auftauchende Begriff der Monadologie so viele Rätsel aufgibt, aber dann doch neugierig zum Weiterlesen macht.
Liegt ein halbes Leben dazwischen, lagen nur noch zwei Jahre vor ihm , hatte er soviel nachgedacht und aufgeschrieben, wie es ist, wenn man da ist und nicht mehr da ist, und dann um so mehr da sein kann.
Und das in so gefälliger Prosa, dass man aufpassen muss, nicht zu schnell zu lesen. Dass seine Bücher wie Drehbücher seien, nachdem man einen Film gleich drehen könnte. Nun gut, ‚Smoke‘ Mitte der 90er war tatsächlich ein Stoff von ihm und im Kino erlebt, und das Rauchen wohl eine seiner Passionen, „damit ich nicht in drei Tagen zum Monster werde“. Schreiben, Erinnern, Fabulieren und die Relevanz davon. Eine Ermutigung zum selber Lesen.
Ein Lesetipp von Thomas Lang
Hier geht es zu einer Leseprobe