Patti Smith – Just Kids

Patti Smith – Just Kids

Ein Tipp von M. Freerix

Mit dem Coverphoto auf ‚Horses’, dem ersten Album der Patti Smith Group, wurde Patti Smith zu so etwas wie dem Prototyp der modernen, unabhängigen Frau: eigenständig, eigenwillig und durch und durch kreativ. Fotografiert hatte dieses Bild von ihr im weißen Hemd, mit lockerem Schlips und der lässig übergeworfenen Anzugjacke der Künstler Robert Mapplethorpe.
In ‚Just Kids’ erzählt Smith von ihrem gemeinsamen Weg, ihrem Suchen nach künstlerischer Selbstbestimmung, und nach ihrer sexuellen Identität. Mapplethorpe ist einer der ersten Männer, den sie 1966 kennen lernt, kurz nachdem sie aus dem Ländlichen nach New York gezogen ist. Er wird ihr Liebhaber und Freund und kreativer Partner, mit dem sie ihre ersten künstlerischen Gehversuche unternimmt. Für beide ist klar, dass sie ihre Leben der Kunst widmen wollen, doch zu Beginn sind sie unsicher, welches Medium sie dazu benutzen wollen. Mapplethorpe zeichnet und collagiert unentwegt, Smith dichtet und zeichnet, doch dauert es einige Jahre, bis jeder seinen Weg findet, sie als Dichterin und Musikerin, er als Fotograf. ‚Just Kids’ beschreibt diese Zeit, die sie in wechselnden, herunter gekommenen Wohnungen in New York verbringen, als ein seltsames, coconhaftes um sich kreisen, jenseits von Trends und Politik. Smith fühlt sich den Symbolisten des 19. Jahrhunderts wie Arthur Rimbaud und Paul Verlaine verbunden, wohingegen sich Mapplethorpe wie magisch von Andy Warhol angezogen fühlt. Im Laufe ihrer gemeinsamen Jahre entdeckt Robert Mapplethorpe, dass er sich sexuell mehr zu Männern hingezogen fühlt, und entwickelt sich hin zur Fotografie, während Patti Smith Lebensgemeinschaften mit anderen Männern eingeht und die Musik als Wirkungsfeld entdeckt.
Obwohl beide schließlich ihre Lebensgemeinschaft aufgeben bleiben sie sich lebenslang verbunden, bis hin zu Mapplethorpes allzu frühem Tod im Jahr 1989. Das Buch ist in erster Linie Autobiographie, zeichnet daneben aber auch die Geschichte eines Underground-New-York in den ausklingenden sechziger Jahren nach, in der viele Kunstschaffende sehr eng verzahnt miteinander gearbeitet – oder abgehangen – haben. Viele heute namhafte Künstler tauchen darin auf, aber auch viele heute vollkommen vergessene. Trotzdem ist das alles spannend erzählt, aufschlussreich und mehr als unterhaltsam.
S. Fischer Verlag
Taschenbuch
Aus dem Amerikanischen von Clara Drechsler und Harald Hellmann
Preis €  9,99
ISBN: 978-3-596-18885-7

vonpaula

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